Schluss mit Scheindebatten!
Ein Meinungsbeitrag von Sophie Koch (MdL) und Rasha Nasr (MdB)

Sophie Koch (MdL)

Seit Monaten erleben wir einen Überbietungswettbewerb der Boshaftigkeiten von Konservativen und Rechten in diesem Land. Statt konstruktiver Lösungen für die wirklich wichtigen Probleme und Debatten, wird immer wieder aufs Neue die Migrationsfrage rausgeholt. Konservative und Rechte tun so, als wären dann alle Probleme in diesem Land gelöst. Das „Allheilmittel“ der Rechten lautet: Abschieben. Das haben wir im erst kürzlich beendeten Landtagswahlkampf wieder erlebt. Von dieser Seite des politischen Spektrums kann man nichts anderes erwarten, aber seit einiger Zeit ist nun auch die Bundesregierung in diesen Wettbewerb mit eingestiegen. Das tut richtig weh.

Die Menschen in diesem Land sind Anfang des Jahres nicht zu Hunderttausenden für unsere freiheitliche Demokratie auf die Straße gegangen, nur damit die Sozialdemokratie dann umkippt und die wichtigen Errungenschaften eines freien Europas infrage stellt. Hängen wir eigentlich in einer Zeitschleife fest? Bereits vor fünf Jahren hat Sophie in einem Beitrag folgendes geschrieben: „Das Elend der Sozialdemokratie besteht darin, dass wir mit jeder Asylrechtsverschärfung unsere Grundwerte auf eine Zerreißprobe gestellt haben und dass wir nicht aufhören über das Thema zu reden und der AfD damit jedes Mal den roten Teppich der Bullshit Argumente ausrollen.“ Und wo stehen wir heute? Wo bleibt eigentlich die Vernunft?

Rasha Nasr (MdB)

Grenzkontrollen sind in Teilen rechtlich möglich, aber unklug. Generelle Zurückweisungen an den Außengrenzen sind rechtswidrig und wenn die Union dies fordert, kommt das einer Abschaffung der Europäischen Union gleich. Menschen, die vor Krieg, Hunger, Folter und weiterem Leid geflüchtet sind, tragen keine Schuld an den teilweise maroden Finanzen unserer Kommunen. Sie sind nicht schuld, dass oftmals bezahlbarer Wohnraum fehlt. Geringe Renten durch geringe Löhne gehen auch nicht zu Lasten jener, die schutzsuchend in unser Land kommen. Wir brauchen Investitionen in unsere Demokratie, wir brauchen auch endlich ein Demokratiefördergesetz. Es gibt konkrete Probleme, die wir endlich angehen müssen und da ist die derzeit populistisch geführte Migrationsdebatte überhaupt nicht zielführend. Indem wir rechte Narrative übernehmen, solche destruktiven Denkweisen salonfähig machen und diese Positionen einnehmen, lösen wir keines der Probleme, die wir derzeit vor der Brust haben. Wir helfen nur den Populisten, den Rechten, den Rattenfängern, die Hass und Missgunst verbreiten. Unlängst hat unsere Bundesinnenministerin noch Grenzkontrollen als abzulehnende Symbolpolitik bezeichnet, was sie auch sind, nun forderte sie selbst genau diese Grenzkontrollen. Ist das ein schlechter Scherz?

Olaf und Nancy: hört auf, Euch von einer Union treiben zu lassen, die sowieso immer mehr nach rechts blinkt. Lasst uns die Fortschrittskoalition lieber dazu nutzen, um die Integration voranzubringen und das Asylrecht human zu gestalten. Lasst uns in Infrastruktur, Wohnungen, Wirtschaft investieren. Lasst uns die Schuldenbremse lockern – am besten wieder abschaffen – und uns für einen gerechten Mindestlohn einsetzen. Anstatt Konservativen und Rechten nach dem Mund zu reden und Schuldzuweisungen rechtlich zu manifestieren, die nicht nur gegen die Vernunft, sondern auch gegen geltendes Menschen- und Asylrecht verstoßen, sollten wir die wirklich wichtigen Debatten führen.

 

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